
Christoph Geiser
HRSG. VON MORITZ WAGNER UND JULIAN REIDY MIT EINEM NACHWORT VON CHRISTOPH STEIER MIT LESEBÄNDCHEN
ETWA 650 SEITEN
CA. € (D) 30.00 I € (A) 30.80
ISBN 978-3-96639-138-2
ISBN 978-3-96639-139-9 (E-BOOK)
WARENGRUPPE 112
Erscheinungstermin: 03. März 2026
Der Roman ist das Gefängnis der Wünsche. Die Erzählungen sind die Befreiung daraus. Bessere Zeiten – die Hoffnung stirbt zuerst, damit sie nicht im Weg liegt wie eine Falle. Nicht einmal die schlimmstmögliche Wendung ist die Lösung.
Ich bin jetzt sechsundsiebzig Jahre alt, Bessere Zeiten (die erste hier abgedruckte Erzählung) habe ich mit neunzehn geschrieben. Achtundfünfzig Jahre literarisches Leben. Kein erschriebener Himmel. Auch keine Höllen-, nicht einmal eine Wüstenfahrt. Leben – literarisch schreibend begleitet. Manche Geschichten habe ich vollkommen vergessen, in einem Fall zweifelte ich daran, dass der Text von mir ist (weil ich seinen Anlass nicht mehr wiederfand). Recherchen im Literaturarchiv haben es aber bestätigt. Diese Geschichten bin ich. Oft ist mir die Begebenheit hinter der Geschichte erst beim Lesen der Erzählung wieder eingefallen. Der Auslöser, das rohe Material, der Stein des Anstosses; auch die Person, der Andere, die Andere; der steinerne Gast, die Irrgästin, das Quickie. »Lange vor Abend kehrt bei dir ein, der den Gruss getauscht mit dem Dunkel ... Lange vor Tag wacht er auf ... und facht einen Schlaf an ... durchklungen von Schritten ... du hörst ihn die Fernen durchmessen ... und wirfst deine Seele dorthin.«
Ja, Zitate natürlich, erst literarisches Lesen gebiert literarisches Leben. Obsessionen! Literarische Obsessionen, sexuelle Obsessionen. Besessenheit kann man nicht in den Plural setzen. Aber ich bin doch so viele ... ein eigentümliches Wir. Nirgends bin ich mir fremd.
Erzählungen sind viel lebendiger als der Roman. Man taucht nicht weg in eine womöglich frem- de oder fremd gewordene Welt, Erinnerung ordnend, rückblickend in eine Vergangenheit, als womöglich raunender Beschwörer des Imperfekts, nein, man schaut sich rasch um im Gehen, entdeckt etwas, eine Begebenheit, und verharrt einen Augenblick von starker Intensität. Er- zählungen sind auch Kabinettstücke der Artistik. Manchmal dann sogar über Jahre liegenge- lassen, wieder aufgenommen, verworfen, vollendet. Keine schnellen Notate, kein Tagebuch.
Natürlich begleiten die Erzählungen die Arbeit am Roman. Die Romane, das sind Inseln im Strom des Erzählens. Eingekapselte Wucherungen. Erzählungen sind – auch – Metastasen. Oder – Keimzellen. Und ...
Spuren der Zeitgeschichte. Die sich abzeichnet in den Geschichten. Nicht reflektiert und kon- zipiert wie im Roman, nicht analytisch, didaktisch oder programmatisch wie in den Schriften, den Essays, sondern beinahe wie zufällig. Der Zu-Fall ist ausschlaggebend für die Erzählung. 1968 Bessere Zeiten. Beinahe noch Programm. 2024 Fernweh: zufällig geworden, als Ablenkung von der Spur des Romans, der noch werden soll. Haken schlagen. Den Ort verfehlen. Am Unort landen?
Eine Epoche der Utopien. Keine Hoffnung, aber Sehnsucht. Endstation! Wir wussten es doch von Anbeginn an. Desire ist genauer in der Vielfalt der Bedeutungen.
Bern, 20. September 2025 Christoph Geiser
»Christoph Geiser ist ein Pionier der queeren Schweizer Literatur.«
15.02.2023, Timo Posselt, Die Zeit
»Um die hermeneutische Aufklärung von Tabus geht es Geiser, um die Attacke der „Familientradition des Schweigens und Aussparens“.«
15.02.2023, Katrin Hillgruber, Der Tagesspiegel
»Mit dem ersten Band der im Secession Verlag erschienenen und mit einem umfangreichen Nachwort versehenen Werkausgabe gilt es, einen bemerkenswerten Autor zu entdecken, dessen Sprache und Stilmittel in der Fülle der Neuerscheinungen eine wahre Bereicherung darstellen.«
13.02.2023, Axel Vits, Kommbuch.com
»Ein wunderbarer Einstieg in das Werk eines wunderbaren Schweizer Erzählers.«
11.02.2023, Jascha Feldhaus, Aufklappen Literaturblog
»Geiser erlernt sein Erzählen in der Kälte, in der demütigen Distanz zur seelischen Erschütterung. [...] Das Existenzielle ist Geisers Größe, seine unwandelbare Währung. [...] Immer und ruhelos webt die Erinnerung in diesem Werk. Es nimmt einen mit. Man möchte es ganz wiederlesen. Bald kann man es.«
09.01.2023, Philipp Theisohn, FAZ
»Christoph Geiser verarbeitet in seinen Büchern auf faszinierende Weise, die eigenen Obsessionen, sexuellen Neigungen und Verletzungen literarisch. Zu bewundern ist sein Mut und seine Radikalität, damals zumindest wider den Zeitgeist zu schreiben, rücksichtslos gegen sich selbst. Aber da ist noch mehr: Indem er dieses Sprechen ästhetisch äußerst wandlungsfähig einbindet in ein weitgespanntes Netz geschichtlicher wie gesellschaftlicher Korrespondenzen und literarischer Kommunikation mit Autoren und Autorinnen, Künstlern und Philosophen, bietet er seiner Leserschaft Anknüpfungspunkte für freies Denken und Fühlen [ ]… Ein gelungener Auftakt und eine lohnenswerte Lektüre!«
23.10.2022, Angela Gutzeit, Deutschlandfunk
»Geisers Sprache ist wie das Licht auf Caravaggios Bildern. Genial ist, was er so in ihnen sieht, kongenial jedoch, wie es dann wieder Sprache wird.«
12.11.1987, Samuel Moser, Süddeutsche Zeitung

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